KI für Krankenkassen
Im Gespräch mit Martin Busl, Geschäftsführer der TCG Process Schweiz, beleuchten wir, welche Chancen KI-Technologien gerade für Krankenversicherungen bieten – und welche Herausforderungen mit ihrer Implementierung verbunden sind.
KI in der Prozessautomatisierung bei Krankenkassen
Wie intelligente Orchestrierung von Technologien die Automatisierungsrate erhöht
Der gezielte Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ist längst kein Thema mehr nur für die Industrie oder den Finanzsektor. Auch Krankenkassen beschäftigen sich zunehmend mit der Frage, wie sie KI sinnvoll einsetzen können, um ihre Prozesse effizienter und präziser zu gestalten.
Im Gespräch mit Martin Busl, Geschäftsführer der TCG Process Schweiz, beleuchten wir, welche Chancen KI-Technologien gerade für Krankenversicherungen bieten – und welche Herausforderungen mit ihrer Implementierung verbunden sind.
Busl zeigt auf, wie eine modulare Plattform wie DocProStar dazu beitragen kann, unstrukturierte Eingangsdokumente zuverlässig zu verarbeiten, indem sie verschiedene spezialisierte Technologien orchestriert.
Herr Busl, wie stark beeinflusst KI aus Ihrer Sicht den Markt für Intelligent Document Processing (IDP)?
Die Entwicklung ist beeindruckend – KI-Anbieter spriessen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Es herrscht ein regelrechter Hype. Und tatsächlich: Die Resultate, die KI in der Dokumentverarbeitung liefert, sind teilweise erstaunlich. Trotzdem stehen wir erst am Anfang, wenn es darum geht, das volle Potenzial dieser Technologien auszuschöpfen.
„Früher oder später wird Künstliche Intelligenz
den Markt für Dokumentenmanagement grundlegend verändern.“
Martin Busl, Geschäftsführer TCG Process Schweiz
Wo liegen die grössten Herausforderungen?
Die beginnen bereits bei der Auswahl der passenden Technologie. Neben klassischen Deep-Learning-Ansätzen gibt es heute eine Vielzahl von Sprachmodellen:
grosse, generische Large Language Models (LLM), generative KI, spezialisierte Nischenmodelle für bestimmte Aufgaben oder kundenspezifisch trainierte Modelle.
Zudem bieten Hyperscaler eigene KI-Services an.
Hat man sich für eine Technologie entschieden, zeigen sich schnell die typischen Stolperfallen – etwa das bekannte „Halluzinieren“ von Modellen: KI-Systeme erfinden Fakten, anstatt sie aus dem vorliegenden Dokument zu extrahieren. Das kann in sensiblen Prozessen zu gravierenden Fehlern führen.
Wie lässt sich dieses Risiko minimieren?
Viele Hersteller integrieren inzwischen Zuverlässigkeitswerte in ihre Modelle. Das heisst: Die KI liefert ein Ergebnis und bewertet gleichzeitig dessen Vertrauenswürdigkeit – meist auf einer Skala von 1 bis 100.
Resultate unterhalb eines definierten Schwellenwerts (z. B. 80) werden zur manuellen Kontrolle an ein sogenanntes Human-in-the-Loop (HITL)-Interface übergeben. Dennoch bleibt ein Restrisiko, da Werte über 80 nicht automatisch überprüft werden.
Was ist Ihr Ansatz bei TCG Process?
Hier kommt das Thema Orchestrierung ins Spiel. Statt sich auf ein einzelnes Modell zu verlassen, kombinieren wir die Stärken verschiedener Technologien – Best-of-Breed – auf einer modularen Plattform.
Unsere Plattform DocProStar erlaubt es, Prozesse und Regeln ohne Programmierung zu konfigurieren. So lassen sich Workflows flexibel anpassen und optimal auf die jeweiligen Anforderungen abstimmen.
Wo macht der Einsatz von KI in der Dokumentenverarbeitung besonders Sinn?
Im Intelligent Document Processing unterscheiden wir drei Dokumenttypen:
- Strukturierte Dokumente – z. B. Formulare, deren Aufbau klar definiert ist.
- Semistrukturierte Dokumente – wie Rechnungen, bei denen die relevanten Daten variabel platziert sind.
- Unstrukturierte Dokumente – etwa freie Korrespondenz, Briefe oder E-Mails.
Während sich die ersten beiden Typen bereits gut mit regelbasierter Extraktion automatisieren lassen, bieten unstrukturierte Dokumente das grösste Potenzial für KI. Besonders geeignet sind daher Branchen mit hohem Posteingang und komplexer Kommunikation – Banken, Versicherungen und insbesondere Krankenkassen.
Warum sind Krankenkassen prädestiniert für den Einsatz solcher Lösungen?
Krankenkassen erhalten täglich eine grosse Bandbreite an Dokumenten – von klassischen Briefen über E-Mails bis hin zu Fotos von Belegen aus Apps.
Während strukturierte TARMED-Dokumente relativ einfach zu verarbeiten sind, besteht der Grossteil der Eingangspost aus unstrukturierten Dokumenten. Diese müssen zunächst klassifiziert werden, bevor sie weiterverarbeitet werden können.
Hier kommt KI ins Spiel: Ein auf Deep Learning basierendes Modell in DocProStar erkennt und klassifiziert die verschiedenen Dokumenttypen – z. B. Vertragsunterlagen, Antragsformulare, Adressänderungen oder Rechnungen (Apotheke, Zahnarzt, Optiker usw.).
Und im nächsten Schritt folgt die Datenextraktion?
Genau. Nachdem klar ist, um welche Dokumentart es sich handelt, werden die relevanten Informationen automatisch und validiert extrahiert.
Für diesen Schritt orchestriert DocProStar verschiedene KI-Technologien. Ein kundenspezifisch trainiertes Modell übernimmt die Klassifikation, während ein vortrainiertes Large Language Model die eigentliche Datenextraktion durchführt.
Bei welchen Dokumenten bringt das den grössten Nutzen?
Vor allem im Bereich der Rückforderungen ist der manuelle Aufwand noch hoch. Hier erzielt KI den grössten Automatisierungseffekt.
Das in DocProStar verwendete LLM basiert auf Milliarden von Dokumenten und arbeitet extraktiv, nicht generativ – das heisst, es beantwortet Fragen zu einem Dokument, ohne Inhalte zu erfinden.
So können Daten aus beliebigen Dokumenten, Formaten oder Sprachen zuverlässig extrahiert werden – ohne zusätzliches Training.
Welche Informationen werden konkret ausgelesen?
Je nach Dokumentart werden unterschiedliche Werte erfasst – bei Zahnarztrechnungen etwa Leistungen und Taxpunkte, bei Optikerrechnungen Preise für Gläser oder Fassungen.
Die Plattform stellt dynamisch die passenden Fragen an das Modell und strukturiert alle relevanten Daten für die weitere Verarbeitung.
Wie wird die Qualität der Daten sichergestellt?
Da die Daten absolut korrekt sein müssen, ist die Validierung entscheidend.
DocProStar ergänzt die extrahierten Daten durch Stammdatenabgleiche (Tarifmodell, Versicherter, Police, VVG/KVG etc.) und erkennt Inkonsistenzen mithilfe konfigurierbarer Geschäftsregeln.
Über eine eigene HITL-Schnittstelle können Korrekturen vorgenommen werden, die wiederum das System weiter verbessern.
Wie endet der gesamte Prozess?
Nach Abschluss aller Prüfungen werden die validierten Daten automatisch an die Kernsysteme zur Abrechnung übergeben – schnell, fehlerfrei und vollständig digitalisiert.
Die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Kombination und Orchestrierung von Best-of-Breed-Technologien
- Einsatz eines vortrainierten Large Language Models, sofort einsatzbereit
- Ergänzung durch regelbasierte Extraktion und Stammdatenabgleiche
- Absicherung der Datenqualität durch konfigurierbare Geschäftsregeln (No-Code)
Fazit:
Mit der richtigen Orchestrierung von KI-Technologien können Krankenkassen ihre Dokumentenverarbeitung auf ein neues Level heben – automatisiert, transparent und zuverlässig.
Bereit für die nächste Generation der Prozessautomatisierung?
Mit DocProStar von TCG Process orchestrieren Sie modernste KI-Technologien – für maximale Automatisierung, höchste Datenqualität und effiziente Abläufe in Ihrer Krankenkasse.